Immobilie? Ja, aber auf keinen Fall im hessischen Nauheim

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Grundsteuer

Was hat es mit dieser Meldung auf sich?

Die Aufmerksamkeit soll auf ein Thema gelenkt werden, das von erheblicher Bedeutung für Immobilienbesitzer ist, aber viel zu wenig Beachtung erfährt.

In unsicheren Zeiten mit kaum Zinsen stellen sich viele die Frage, wo und wie man noch sinnvoll investieren kann. Wer zum Beispiel Beträge kurzfristig parken möchte, auf die er einfachen Zugriff benötigt, schaut sich ganz genau die aktuellen Konditionen für Tagesgeld etc. an. Manchmal geht es hier um wenige Stellen hinter dem Komma.

Auch wer sich entschlossen hat, in eine Immobilie zu investieren, unabhängig davon, ob selbst genutzt oder als vermietetes Investment macht sich große Mühe, den passenden Immobilienkredit zu finden und prüft und vergleicht äußerst kritisch die Konditionen. Und das völlig zu Recht, schon vermeintlich kleine Unterschiede können je nach Betrag und Laufzeit durchaus beträchtliche Unterschiede machen.

Da verwundert es doch umso mehr, das dem Thema Grundsteuer, Grundsteuer Berechnung, Grundsteuererhöhung scheinbar kaum Aufmerksamkeit geschenkt wird. Vielleicht liegt es daran, dass ein Grundsteuer Bescheid für manche komplizierter erscheint, als der Steuerbescheid, und den vermag auch kaum jemand zu verstehen.

In der Tat ist die Berechnung der Grundsteuer extrem kompliziert und kaum durchschaubar. Ein etwas genauerer Blick lohnt sich allerdings durchaus. Zur Veranschaulichung hier eine kleine Beispielrechnung. Ein 4-Familienhaus in Büsingen kostet bei einem Einheitswert von 100.000 Euro 350 Euro Grundsteuer im Jahr. Das gleiche 4-Familienhaus im bereits oben angeführten hessischen Nauheim würde beim gleichen Einheitswert aber 3360 Euro kosten. Hoppla, das ist ja fast das Zehnfache!

Sind wir uns jetzt einig, dass wir uns dieses Thema etwas genauer anschauen sollen? Im letzteren Fall zahlt also der Eigentümer satte 3010 Euro mehr – wohlgemerkt, JEDES Jahr. Nehmen wir also an, Sie haben die Immobilie über 40 Jahre ergibt sich hier eine Differenz von mehr als 120.000 Euro. Ja, diese Zahl stimmt, das ist kein Rechenfehler. Und jetzt rechnen Sie das mal auf die Rendite um. Plötzlich sind die paar Stellen hinter dem Komma beim Kredit nur noch eine Kleinigkeit.

Mancher der sich vielleicht schon mal mit dem Thema beschäftigt hat, wird jetzt vielleicht einwenden: „Ja, aber die Grundsteuer kann man doch auf die Mieter umlegen“. Ja, das stimmt, natürlich nur für den Fall dass Sie die Immobilie vermieten. Allerdings macht das die Sache nicht besser, ganz im Gegenteil. Der Einfachheit halber mal angenommen, die Grundsteuer würde gleichmäßig auf die im Beispiel angenommenen 4 Mietparteien aufgeteilt, ergibt sich für die Mieter in Büsingen eine zusätzliche Belastung pro Wohnung und Monat durch die Grundsteuer von ca. 7,30 Euro, im hessischen Nauheim dagegen wären das 70 Euro, wohlgemerkt, das ist nur der Anteil an der Grundsteuer, das ist nicht die Miete, die kommt noch dazu. Da könnte es schwierig werden, noch Mieter zu finden. Und plötzlich wird aus dem schönen Renditeobjekt ein Pleiteprojekt.

Halten Sie es aus dieser Sicht für eine gute Idee, sich ein 4-Familienhaus in Nauheim anzuschaffen? Übrigens, wir wollen nicht immer auf Nauheim rumhacken. Ähnliches gilt z.B. für Bergneustadt oder Witten in Nordrhein Westfalen und auch in Berlin ist es nicht viel besser.

Woran genau liegt das nun?

Der Schlüssel heißt Grundsteuerhebesatz.

Die Grundsteuer ist eine Steuer, die von den Kommunen erhoben und eingezogen wird und auch von den Kommunen verwendet werden darf. Die Grundsteuer besteht im Wesentlichen aus 3 Teilen: Es gibt den sog. Einheitswert, der allerdings in der Regel auf Bewertungen beruht, die schon Jahrzehnte alt sind. Leider ist das Verfahren, wie der Einheitswert ermittelt wird nur schwer nachvollziehbar und oft intransparent, weshalb es hier recht häufig zu Gerichtsverfahren kommt.

Der zweite Faktor, der die Nutzung und die Wertermittlung mit berücksichtigen soll, ist der sog. Grundsteuermessbetrag. In unserem Beispiel eines 4-Familienhaus beträgt dieser aktuell 3,5 Promille vom Einheitswert.

Und dann kommt der Faktor, der zu den beschriebenen, großen Unterschieden führt, das ist der Hebesatz. Der Grundsteuerhebesatz wird von den Gemeinden selbst festgelegt und liegt in Deutschland aktuell zwischen 0 und 960 Prozent. Sie ahnen es schon,  in Nauheim zahlen Immobilienbesitzer 960 Prozent, in Berlin übrigens immer noch stolze 810 Prozent und in Büsingen und einigen anderen, eher kleinen Gemeinden glatte 0 Prozent.

Lässt man sich die angeführten Beispiele durch den Kopf gehen wird wahrscheinlich jedem klar, das ist ein Thema, egal ob selbst genutzte Immobilie oder vermietetes Objekt, dieses Thema muss bei eine Renditeplanung oder Finanzplanung korrekt berücksichtigt werden. Und steht die Wahl der Gemeinde nicht durch persönliche Gründe bereits fest, lohnt sich hier ein genauerer Blick auf die Grundsteuerhebesätze in verschiedenen Gemeinden, da lässt sich doch sehr leicht viel Geld sparen.

Das alles ist höchst kompliziert, sehr schwer zu durchschauen, oftmals ungerecht und vor allem kaum vorhersehbar und damit auch schwer planbar. Kein Wunder, dass sogar das Bundesverfassungsgericht, die Grundlagen der Berechnung schon länger in Frage stellt und die Politik vor die Herausforderung gestellt hat, ein neues, besseres Berechnungsmodell einzuführen.

Natürlich ist es schwierig, für ein solch komplexes Thema eine gute und sinnvolle Lösung zu finden, die allen Interessen gerecht wird. Wenn dann noch diverse politische Interessen hinzukommen, wird das Ganze nicht einfacher.

Erste Reformvorschläge liegen bereits auf dem Tisch und werden – wie könnte es anders sein – auch schon heftig kritisiert.

Da ist bereits von einer „Explosion“ der Grundsteuer die Rede und in einigen Medien wird von Steigerungen um mehrere 100 Prozent gesprochen. Auch hier gilt: Es wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird.

 

Fakt ist: Eine Reform ist dringend nötig und wenn sie vernünftig gemacht wird, hilft es allen Beteiligten, auch und im Besonderen den Investoren und Immobilienkäufern, um die Kosten transparent und planbar zu machen

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